In Genthin wurde am vergangenen Montag erfolglos versucht, im Stadtrat einen Beschluss zum Austritt aus dem Tourismusverein Genthin, Jerichow, Elbe-Parey e.V. zu fassen. Gescheitert ist die Beschlussfähigkeit, da zu wenige Ratsmitglieder zur Sondersitzung gekommen waren. Alle Infos zu den Hintergründen findet ihr hier: [KLICK]. Dann wurde direkt eine erneute Sondersitzung für heute um 12 Uhr einberufen - das sorgte in den Reihen der Stadträte aber für Unmut.

Nach Informationen des Meetingpoints, sind einige Stadträte empört über das angewendete Verfahren des Stadtratsvorsitzenden Gerd Mangelsdorf (CDU). Dieser beruft sich auf das Kommunalverfassungsgesetz und hat damit für heute um 12 Uhr eine erneute Sondersitzung des Stadtrates im Rathaus einberufen. In einem laut Gesetz vom Stadtratsvorsitzenden eingeschätzten Notfall, kann die Sitzung auch ohne fristgemäße Ladung und nur unter Bekanntgabe der abzustimmenden Punkte einberufen werden.

Werden Stadträte durch die gewählte Uhrzeit um ihre Mitbestimmung gebracht?
Ob in Sachen Austritt aus dem Tourismusverein ein Notfall besteht, darüber sind sich die Stadträte nicht einig. Ein Notfall dürfte es vor allem für diejenigen sein, die den Austritt voran bringen wollen, denn wenn das zum 31.12.2022 geschehen soll, muss fristgerecht vier Wochen vorher gekündigt werden. Damit gibt es für einen Austritt in diesem Jahr keinen zeitlichen Spielraum mehr, sonst bleibt Genthin ein weiteres Jahr Mitglied im Tourismusverein. In diesem Jahr hatte der Mitgliedbeitrag bei rund 7000 Euro gelegen.

Unmut sorgt nun vor allem der gewählte Termin für die zweite Sondersitzung, heute um 12 Uhr. Einige Fraktionen mahnen an, dass die arbeitstätigen Stadträte aufgrund der gewählten Uhrzeit ihrem Recht der Abstimmung beraubt werden. Nach Angaben der Kommunalaufsicht des Landkreises, ist aber nichts gegen den Termin einzuwenden.

Das Gesetz sieht, [wie bereits gestern von uns berichtet] in § 53 Abs. 4 S. 5 im Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KVG LSA), wie auch im § 1 Abs. 6 der Geschäftsordnung für den Stadtrat und seine Ausschüsse sowie für die Ortschaftsräte der Stadt Genthin vor, dass die Vertretung in dringenden Angelegenheiten, die keinen Aufschub dulden, ohne Frist, formlos und nur unter Angabe der Verhandlungsgegenstände einberufen werden kann. Damit sei 12 Uhr grundsätzlich eine mögliche Sitzungszeit, heißt es seitens der Kommunalaufsicht. Ob nun ein besagter Notfall im Sinne des obenstehenden Gesetzes vorliegt, bewertet und entscheidet der Stadtratsvorsitzende gemäß des Gesetzes.

Stadträte können Verdienstausfall beantragen, um an Sondersitzung teilzunehmen
Auch zum Thema der Arbeitstätigkeit zahlreicher Stadtratsmitglieder, gibt das KVG LSA in dieser konkreten Sache einen Hinweis. Der Gesetzgeber geht grundsätzlich davon aus, dass kommunale ehrenamtliche Tätigkeit, wozu auch die Teilnahme an Stadtratssitzungen gehört, während der regulären Arbeitszeiten stattfinden kann. Die Mitglieder hätten demnach unter Berufung auf die Entschädigungsregelungen in § 35 KVG LSA die Möglichkeit, Verdienstausfall zu beantragen, wie ihr hier nachlesen könnt: [KLICK].

Theorie und Praxis sehen oft anders aus
Was auf gesetzlicher Grundlage simpel klingt, lässt sich im Alltag wahrscheinlich weitaus schwieriger umsetzen. Die Arbeit mittags kurzfristig liegen zu lassen, dürfte für so manchen eine organisatorisch komplizierte Sache sein. Nach Informationen, die dem Meetingpoint gesichert vorliegen, wurde daher auch von einigen Stadträten selbst bei der Kommunalaufsicht angefragt, ob die Uhrzeit der Sitzung rechtens sei.

Um 12 Uhr wird heute im Sitzungssaal des Rathauses mit einer Einfachen Mehrheit über den Austritt aus dem Tourismusverein entschieden - das heißt, allein die heute Anwesenden treffen die Entscheidung über Verbleib oder Austritt aus dem Verein zum Jahresende 2022.

Die Sitzung ist öffentlich, ihr könnt daran teilnehmen.
Wir berichten ebenfalls über den Ausgang!