Wenn im Glacis-Park Dudelsäcke heulen, Drachen durch den Rauch steigen und kleine Ritter und Schildmaiden zwischen Kanonen und Gauklern umhertollen, dann ist wieder Mittelaltermarkt in der Landeshauptstadt. Das 22. Spectaculum Magdeburgense und die 14. Magdeburger Festungstage lockten über 15.000 Besucher an – trotzten Wind und Wetter und machten das verlängerte Pfingstwochenende zu einem vollen Erfolg. Wir waren dabei und haben Bilder und Eindrücke für Euch gesammelt – mit allem, was dazugehört: Musik, Markt, Met – und viel Herzblut.
Märchenhafte Mittelalterwelt soweit das Auge reicht
Mehr als 100 Marktstände, handbetriebene Karussells, Feuershows und historische Lager: Das Spectaculum bot erneut ein Fest für alle Sinne. An jeder Ecke dampfte rustikales Essen in großen Töpfen, Vogelmenschen balancierten auf Holzstelzen und Kinder ließen sich zu Rittern küren. Wer Glück hatte, begegnete sogar dem feuerspeienden Drachen Fangdorn oder einer waschechten Hexe.
In den Reenactment-Camps, wie dem der Gefährten des Greifen, wurde dabei nicht nur gelebt, sondern auch geschmiedet, gestrickt und gekocht – und zwar möglichst authentisch. "Kartoffeln oder Tomaten? Die gab's im Mittelalter hier nicht – und kommen bei uns auch nicht in den Topf", erklärt Gereon von Roth, Hauptmann des Berliner Vereins, der bereits seit der zweiten Ausführung des Spectaculum stets in Magdeburg dabei ist. Stattdessen gab es Eintöpfe mit regionalem Wurzelgemüse und echtes Kriegs- und Handwerk zum Anfassen. Das Event ist prädestiniert, um nicht nur Spaß zu haben, sondern auch um zu lernen.
Barocke Eindrücke auf den Festungstagen
Parallel zum Spectaculum entfalteten sich rund um das Ravelin 2 und den Kavalierhof die Festungstage – mit Fechtturnieren, barockem Lagerleben, folkloristischen Trachten und Aufführungen zur Stadtgeschichte. Die Inszenierung „Magdeburger Hochzeit“ über die Verwüstung Stadt im Jahr 1631 fand durch ein neues Sicherheitskonzept sogar mehr Raum und Wirkung.
„Die Darsteller konnten sich endlich auf einer freieren Spielfläche entfalten, ohne Kassenhäuschen im Weg“, so Andreas Witt, stellvertretender Vorsitzender des Sanierungsvereins Ravelin 2 e.V. „Die Qualität der Aufführungen hat deutlich gewonnen.“
Neues Sicherheitskonzept nach Anschlag
Hinter den Kulissen war in diesem Jahr einiges neu – vor allem das Sicherheitskonzept. Nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt wurde die Planung für das Pfingstevent innerhalb des vergangenen Halbjahres verschärft. Statt drei Eingängen gab es diesmal nur einen zentralen Zugang an der Maybachstraße, gesichert mit verschiedenen mobilen Sperren, Feuerwehr- und Polizeipräsenz sowie einem streng kontrollierten Waffenverbot.
„Wir haben bewusst auch unabhängig von behördlichen Vorgaben ein Sicherheitskonzept entwickelt, das unseren Gästen und Vereinsfreunden ein gutes Gefühl gibt“, erklärt Witt. Die aufgestellten Zufahrtssperren, zahlreiche Sicherheitskräfte sowie das Online-Ticket-System sorgten für einen reibungslosen Ablauf – trotz Rekordandrang. Ein Besucher brachte es auf den Punkt: „Ich habe mich hier nie unsicher gefühlt, auch wenn ich weiß, wie schwierig es ist, bei einer Großveranstaltung für jede Situation vorbereitet zu sein.“
Auch Melanie Ockert, Sprecherin des KulturSzeneMagdeburg e.V., betont: „Wir sind erleichtert. Alles hat funktioniert – und zwar auf ehrenamtlicher Basis. Das freut uns alle.“ Auch die Zusammenarbeit mit Ordnungsamt und anderen Behörden verlief im Vorfeld gut: „Die Unterstützung war wirlich super.“
Über 300 Freiwillige sorgen für Gemeinschaftsgefühl
Dass das Festival überhaupt in dieser Größe stattfinden kann, ist vor allem dem Engagement zahlreicher Vereine zu verdanken. Rund 300 bis 400 Freiwillige waren laut Ockert im Einsatz – von der Aufbauhilfe über die Einlasskontrollen bis zur Lagerküche. „Das Spectaculum ist für viele Darsteller ein Höhepunkt im Jahr – hier treffen sich alte Bekannte und es werden neue Freundschaften geschlossen“, erzählt Gereon von Roth. Und tatsächlich: Die Atmosphäre wirkte trotz wiederkehrender Regenschauer warm und vertraut – fast wie ein großes Familienfest mit Zeitreisefaktor.
Ob nun beim Kanonendonner, beim Klang einer Harfe oder beim Schluck aus dem Met-Horn – das Spectaculum und die Festungstage waren in jedem Moment mehr als nur ein normales Volksfest. Sie waren eine Einladung zum Staunen, Mitmachen und Erinnern. Und ein Zeichen dafür, dass ehrenamtlich organisierte Kultur auch in bewegten Zeiten Großes leisten kann.
Kommentare