Logo

Magdeburg: Geldnot führte zum qualvollen Tod von 400 Schafen

Stadtgeschehen
  • Erstellt: 15.01.2025 / 07:34 Uhr von ub
Seit dem 5. Januar berichten die Medien über die toten Schafe, die auf einem Grundstück im Puppendorfer Weg in Magdeburg gefunden wurden. Viel wird aktuell darüber geschrieben, dass gegen Frau Astrid B. mit aller Härte des Gesetzes vorgegangen werden muss, dass sie nie wieder Tiere halten darf. Doch wie konnte es zu diesem dramatischen Ende der Tiere kommen?

Meetingpoint informiert euch seit einer Woche täglich über neue Fakten, die im Zusammenhang mit diesem Tierhaltungsskandal an die Öffentlichkeit kommen. Heute möchten wir den Versuch unternehmen, die möglichen Ursachen für dieses Tiersterben zu benennen. Dazu haben wir mit Schäfern gesprochen und auch Informationen aus dem Netz zusammengetragen.
Schafhaltung ist nicht gewinnbringend
Schafhaltung ist nicht lukrativ, so viel vorab. Erst ab einer Herdengröße von ca. 1.000 Schafen wird die Haltung kostendeckend oder wirft kleine Gewinne ab. Kostentreiber sind da vor allem die Wintermonate. Während die Schafe in den warmen Monaten auf den Weideflächen sind, fallen für Futter keine Kosten an. Allerdings sollten die Schafe einmal jährlich geschoren werden und auch entwurmt werden.

Da Astrid B. zuletzt nur noch allein die Herde betreute, musste sie für diese Tätigkeiten Dienstleistungen einkaufen. Im vergangenen Jahr kam noch hinzu, dass die Schafe gegen die Blauzungenkrankheit geimpft werden mussten. Bei der größer der Herde von Frau Astrid B. kostet allein der Impfstoff mehrere tausend Euro. Diesen Betrag hat der Schäfer zu zahlen, kann aber bei der Tierseuchenkasse einen Antrag auf Rückvergütung stellen. Wenn denn seine Herde bei der Tierseuchenkasse gemeldet ist.

Schäfer müssen Kosten im Voraus tragen

In den Wintermonaten benötigt der Schäfer eine Unterstellmöglichkeit für die Tiere. Hat er derartige Möglichkeiten nicht selbst, muss er sie anmieten. Im Falle von Astrid B. wurde die Halle am Puppendorfer Weg kostenfrei zur Verfügung gestellt.

Dann benötigen die Tiere über den gesamten Winter ausreichend Futter. Zwischen 3,5 und 4 kg Heu frisst ein Schaf täglich. Bei einer Herde von 1.500 Tieren sind das etwa 5,3 t Heu. Der Großballen Heu kostete im Dezember ca. 122 Euro. Über den Zeitraum von vier Monaten, so lange stehen die Tiere etwa in den Hallen, belaufen sich allein die Kosten für das Futter auf fast 15.000 Euro.

Weitere Kosten entstehen für den Tierarzt, der die Herde betreut. Dieser Tierarzt muss dem Veterinäramt bekannt sein.

Zwei erhebliche Kostenfaktoren sind die Tierhalterhaftpflichtversicherung (in Sachsen-Anhalt verpflichtend) sowie eine mögliche Tierkrankenversicherung. Die Tarife differieren hier von Anbieter zu Anbieter sehr stark.

Zuschüsse bedürfen umfangreicher Beantragung

Einnahmen hat der Schäfer aus den Verträgen für Flächen, die er mit den Schafen beweidet. Im Falle von Astrid B. sind dies vor allem Verträge mit dem LHW. Wir wissen nicht, wie viele Flächen Astrid B. mit ihren Tieren beweidet hat. Für den Hektar zahlt das LHW 1.000 Euro, am Jahresende. Die Flächen werden durch einen Deichmeister kontrolliert und es wird ein Protokoll über den Zustand der Deiche geführt. Im Falle von Astrid B. gab es immer wieder Beschwerden von Bauern, da die Herde wiederholt ausgebrochen ist und großen Schaden auf angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Feldern angerichtet hat. Fraglich, ob das LHW daher die vertraglich vereinbarte Vergütung in voller Höhe auszahlt?

Ein Schäfer kann je Tier eine Mutterschafprämie oder einen Zuschuss aus dem De-Minimis-Topf der EU beantragen. Die Mutterschafprämie ist von Landkreis zu Landkreis unterschiedlich, beträgt aber nicht mehr als 100 Euro je Tier und Jahr. Der Zuschuss aus dem De-Minimis-Topf beträgt 20 Euro je Tier und Jahr.
Eine Flächenprämie, ein Zuschuss für bewirtschaftete Flächen zur Verbesserung der Diversität der Flora, beträgt in Deutschland ca. 280 Euro je Hektar und Jahr.
Für den Wolfsschutz gibt es in Sachsen-Anhalt einen einmaligen Zuschuss, je nach Herdengröße. Voraussetzung für die Zahlung ist, dass in dem beweideten Gebiet Wölfe nachgewiesen worden sind.

Bis auf die Verträge mit dem LHW bedürfen alle Zuschüsse und Förderungen der Beantragung und teilweise sind umfangreiche Nachweise zu erbringen. Im Falle von Astrid B. ist davon auszugehen, dass sie diese Aufwände gar nicht mehr betreiben konnte. Denn seit dem Sommer 2024 hat sie die Herde allein betreut. Hinzu kommen noch die in Obhut genommenen Hunde, Esel und Ponys.

Geldnot führte zum qualvollem Tod vieler Tiere

Die Vermutung liegt nahe, dass Astrid B. den Überblick verloren hatte, Anträge nicht oder unvollständig einreichte und somit die möglichen Zuschüsse nicht oder nicht in voller Höhe erhalten hat. Die Konsequenz: zunehmende Geldnot. Dafür spricht auch, dass sie sich bei vielen unserer Gesprächspartner immer wieder Geld geliehen hat, um ihre Herde weiterhin versorgen zu können. Was zuletzt immer weniger gelang, denn die verendeten Tiere waren verhungert und die überlebenden Tiere in einem schlimmen Gesundheitszustand.

Wie Meetingpoint aus mehreren Quellen erfahren konnte, wollte Astrid B. die Schafherde als Einnahmequelle nutzen, um damit einen Gnadenhof für andere Tiere zu finanzieren. Mit Stand von heute ist klar, es ist ihr nicht gelungen.

Aktuell versucht sie erneut Geld zu besorgen, um die in Magdeburg durch das Veterinäramt betreuten Tiere wieder in ihre Obhut zu bekommen. Unabhängig davon, ob das Veterinäramt einer weiteren Tierhaltung von Astrid B. zustimmt. So setzt sie Menschen unter Druck, die ihr Tiere in Obhut gegeben haben, indem sie damit droht, dass die Tiere dann gekeult werden würden, wenn man ihr nicht hilft.

Zum Wohle der Tiere muss verhindert werden, dass Astrid B. weiterhin Schafe oder andere Tier halten darf!
Anmerkung der Redaktion:
Die im Artikel genannten Zahlen, Daten und Informationen haben wir von Personen die anonym bleiben wollen.

Bilder

Gerettete Tiere vom Gelände am Puppendorfer Weg in Magdeburg. Fotos: privat
Dieser Artikel wurde bereits 2.256 mal aufgerufen.

Werbung

Kommentare

  •  
    Dagegen schrieb um 13:28 Uhr am 15.01.2025:
    Ich verstehe es wirklich nicht, das diese Person immer noch frei ist und schon wieder andere Leute unter Druck setzt. Was läuft in unserem Staat falsch?Wahrscheinlich sind die Schafe immer noch in Obhut, von der Frau beim Veterinäramt die das alles zu verantworten hat. Mich würde hier in diesem Fall nichts mehr wundern. Und ich bin echt enttäuscht, das vom MP Herr Haseloff oder auch von Frau Borris überhaupt keine Antwort kommt. Es ist wirklich eine Schande, das hier immer noch überlegt wird, das diese Frau B die restlichen Schafe behalten kann.
    •  
      Schafhalterin schrieb um 08:44 Uhr am 15.01.2025:
      Dass die Schafhaltung kaum gewinnbringend und mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden ist, steht außer Frage. Aber das alles rechtfertigt nicht mal ansatzweise diese Zustände und dieses Tierleid!
      Und wenn man sich die Hintergründe zu den agierenden Personen etc. mal genauer anguckt, kann man nur zu dem Schluss kommen, dass es sich bei Frau B. nicht um eine Schäferin, sondern um eine kriminelle Person, die unter Mafia-Bedingungen unter dem Deckmantel des „Tierschutzes“ agiert, handelt.
      Wie man hier nur einen einzigen Gedanken daran verlieren kann, ob sie die Herde zurück bekommt, ist mir völlig unbegreiflich. Viel mehr gilt es hier, ALLES aufzuklären inkl. aller beteiligten Personen und Institutionen.
      •  
        Außenstehender schrieb um 08:09 Uhr am 15.01.2025:
        Unabhängig von dem hier beschriebenen typischen, bürokratischen, deutschen Superwahnsinn, hätte die Frau, wenn Sie nur im Ansatz was auf ihre Tiere bzw. dessen Wohl hält selber die Reißleine ziehen müssen und sich helfen lassen müssen, auch wenn das zur Folge hätte, dass Sie die Tiere abgeben muss, verliert ... .

        Im Umkehrschluss sogleich der Nachweis behördlichen Totalversagens in Bezug auf Kontrollen, Konsequenzen usw. .

        Ohne Worte!