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+++Die Meetingpoint Schulwoche: Teil 1: Seiteneinsteiger im Bildungssystem+++

Stadtgeschehen
  • Erstellt: 13.11.2024 / 08:15 Uhr von ub
Laut einer Statistik des Bildungsministeriums Sachsen-Anhalt fehlen seit ca. 3 Jahren vermehrt Lehrkräfte in allen Schulformen, was zu einem erhöhten Vertretungsbedarf führt: Statistik: Ursachen für den entstandenen Vertretungsbedarf sowie Anteil am Vertretungsbedarf insgesamt Zeitweilig nicht planmäßig erteilter Unterricht (Anteil am Gesamtbedarf (in v. H.)  im Schuljahr 2023/2024):

Grundschulen 11,3
Sekundarschulen 14,4
Gemeinschaftsschulen 15,5
Gymnasien 13,8
Gesamtschulen 15,5
Förderschulen 15,3
Allgemeinbildende Schulen 13,5
Berufsbildende Schulen 15,4
Schulen des zweiten Bildungsweges 8,4

In allen Schulformen ist eine kontinuierliche Zunahme des nicht planmäßig erteilten Unterrichts zu verzeichnen. Wobei bereits seit dem Schuljahr 2021/2022 ähnlich hohe Daten zu verzeichnen sind. Das Problem also seit längerem bekannt ist!

Um den entstandenen Vertretungsbedarf zu decken, Unterrichtsausfall zu vermeiden, werden Seiteneinsteiger gesucht, für einen meist befristeten Zeitraum (Anm. d. Red.: Quereinsteiger oder Seiteneinsteiger: Dort, wo genauer differenziert wird, beschreibt der Quereinstieg einen (angehenden) Lehrer oder Lehrerin, der oder die im ersten Schritt den Vorbereitungsdienst – das sogenannte Referendariat – absolviert. Seiteneinsteiger beginnen dagegen sofort zu unterrichten und werden parallel in seinem neuen Beruf geschult.). –

Da ergibt sich schon die erste Hürde: Warum soll ich mich für einen Arbeitsplatz bewerben, der ohnehin nicht von Dauer ist? Wenn man sich dann noch anschaut, welche Unterlagen für diese Bewerbung beizubringen sind, wird es noch unwahrscheinlicher, dass viele Bewerber diesen Weg beschreiten.

Das Landesschulamt veröffentlicht auf seiner Homepage eine „Handreichung zur Begleitung von Lehrkräften im Seiteneinstieg zum Berufsstart“, aktualisiert im August 2023. Darin heißt es unter anderem: „Der bestehende Bedarf an Lehrkräften in Sachsen-Anhalt kann in den nächsten Jahren neben grundständig ausgebildeten Lehrkräften nur mit der Einstellung von Lehrkräften im Seiteneinstieg kompensiert werden.“ Und ein paar Zeilen später: „Lehrkräfte im Seiteneinstieg werden grundsätzlich befristet für die Dauer eines Erprobungsjahres eingestellt.“

So hat der mögliche Seiteneinsteiger, wenn er denn die Hürden der Bewerbung genommen hat, eine berufliche Perspektive für 12 Monate, danach ist alles offen.

Die Schule, an welcher der Seiteneinsteiger zum Einsatz kommt, hat dafür Sorge zu tragen, „dass das zugewiesene Arbeitsvermögen von zwei Lehrerwochenstunden je Lehrkraft im Seiteneinstieg entsprechend Erlass des Ministeriums für Bildung vom 25.06.2018, AZ: 26, „Auswirkung UVS: Berufsbegleitende Unterstützung von Seiteneinsteigern“ verbindlich und zweckgerecht eingesetzt wird.“ Und ein paar Zeilen später heißt es dann: „Die Freistellung zur Teilnahme der Lehrkräfte im Seiteneinstieg an den verschiedenen Maßnahmen ist durch die Schulleitung insbesondere im Erprobungsjahr zu sichern.“

Die Seiteneinsteiger absolvieren vor Aufnahme ihrer Tätigkeit einen vierwöchigen Kompaktkurs beim Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung. Im Kompaktkurs werden sie z.B. mit schulrechtlichen Themen, Unterrichtsgestaltung oder Leistungsbewertung vertraut gemacht. Von Pädagogik, die in Schulen angebracht ist, steht da nichts.

„In der Schule unterstützt Sie das Kollegium bei der Einarbeitung und Integration in den Schulalltag“ steht in der Handreichung zu lesen.

Aus Sicht der Schule führt ein Seiteneinsteiger somit erst einmal zu einer Mehrbelastung! Denn nach der Information durch das Landesschulamt über die Einstellung eines Seiteneinsteigers, muss der Stundenplan entsprechend aktualisiert werden. Es gibt nun eine Lehrkraft, die zwei Lehrerwochenstunden leisten kann. Diese Lehrkraft soll von dem ohnehin schon überforderten Kollegium eingearbeitet und in den Schulalltag integriert werden. Und die Seiteneinsteiger kommen nicht zum Schuljahresbeginn an die Schule, sondern irgendwann im Schuljahr.

Die Seiteneinsteiger werden zumeist bis zu drei Entgeltgruppen niedriger eingestuft als ihre Kollegen. Was sicherlich auch einer der Gründe ist, warum viele der Seiteneinsteiger schon nach wenigen Monaten den Schuldienst wieder quittieren.

Das Modell Seiteneinsteiger, so wie es aktuell praktiziert wird, ist offensichtlich nicht die richtige Lösung. Unabhängig vom zuvor beschriebenen Aufwand für Bewerber und Schule bleibt die Frage, wie gut ist eigentlich die Qualität der Wissensvermittlung? Es hat doch seine Gründe, dass ein Lehramtsstudium in der Regel drei (Bachelor), meist eher fünf Jahre (Master of Education) dauert.

Die Verantwortlichen in der Landesregierung müssen sich dieser Thematik kurzfristig annehmen. Denn nur darauf zu hoffen, dass irgendwann die geburtenschwachen Jahrgänge kommen, ist nicht die Lösung. Es geht um die Ausbildung der Fachkräfte von Morgen, es geht um die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder. In Deutschland haben wir die Schulpflicht, die Schulpflichtigen haben aber auch das Recht auf qualitativ hochwertige Bildung.

Um auf dieses Recht aufmerksam zu machen, rufen Schüler, Eltern und Lehrer am Montag, 18. November, zu einem Bildungsmarsch durch Burg auf.

Bilder

Symbolfoto, Quelle: pixabay.com
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