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CSD Magdeburg - wie sich zwei junge Männer für „Sicherheit durch mehr Sichtbarkeit” engagieren

Interview
  • Erstellt: 20.08.2022 / 07:04 Uhr von aw
CSD steht für Christopher Street Day, der Tag der queeren Community, an dem alle Menschen für die Rechte und Forderungen dieser eintreten und zur Demonstration auf die Straßen gehen können. Dieses Jahr findet er heute in Magdeburg unter dem Motto „Never gonna give you up” statt. Queer ist dabei, wer sich nicht dem heteronormativen Spektrum zuordnet, sprich sich entweder nicht mit dem physisch angeborenen Geschlecht identifiziert oder nicht heterosexuell liebt. Falko und Martin berichten, weshalb sie für den CSD, gerade in Magdeburg, aktiv werden und welche Special Guests dabei sein werden.

Meetingpoint: Stellt euch gern kurz vor? Und warum engagiert ihr euch beim CSD Magdeburg?
Martin Quedenfeld: „Ich bin Martin, eines der 5 Vorstandsmitglieder des CSD Magdeburg e.V. Seit letzten September bin ich als Mitglied tätig und seit April im Vorstand. Ich bin dabei, weil man sich gegenseitig unterstützt und in den Vorstand bin ich gekommen, weil ich selbst Opfer von homophober Gewalt geworden bin und ich wollte mich dagegen stark machen und etwas bewirken.“

Falko Jentsch: „Ich bin Falko Jentsch, seit 7 oder 8 Jahren im Vorstand des CSDs und engagiere mich aus der Prämisse heraus, dass ich beim Beginn des CSDs in MD dabei war und auch in anderen Städten geguckt habe und gesehen habe, wie engagiert dort die Vereine sind und was es so gibt und dann wollte ich in MD auch etwas verändern und organisiere seitdem mit. Seit dem hat sich viel verändert in MD beim CSD. Mein Ex-Freund gehörte damals zum Gründungsmitglied und irgendwann dachte ich mir, dass wir als Landeshauptstadt eine größere Präsenz zeigen und raus und an die Leute gehen müssen, sodass wir eine breite Wirkung erzielen können. Ich wollte etwas zum Positiven verändern. Sicherheit durch mehr Sichtbarkeit schaffen.”

Wie sieht das Programm des diesjährigen CSD’s aus?
Martin & Falko: „Wir haben sogar ein sehr sehr schönes Programm. Geplant ist um 12:00 Uhr der Start mit einem Polit Talk, mit regionalen Politikerinnen und Politikern. Dieser wird von Sebastian Böhm und Jordan Hanson moderiert. Der Martin Angelo ist leider ausgefallen und da haben wir spontan Aushilfe mit dem Jordan gefunden. Gegen 13:00 Uhr startet unsere große Demonstration durch die Stadt, durch den Breiten Weg, Hasselbachplatz, Otto-von-Guericke-Str. mit Ziel am Alten Markt. Für den Weg planen wir ca. 2h. Danach folgt ein Stadtfest mit Bühnenprogramm bis ca. 22:00 Uhr, danach noch ein DJ bis 24 Uhr. Wir haben viele verschiedene Künstler*innen, die eine oder andere Dragqueen dabei und alles wird sehr vielfältig und bunt.”

Was ist dieses Jahr anders, als in den letzten Jahren?
Martin & Falko: „Es sind so viele Trucks wie noch nie dabei. OvGUPride und queer² haben einen eigenen 40-Tonner mit dem sie in der Stadt unterwegs sind. So zeigt auch die Uni Präsenz beim CSD. Auch Amazon hat einen eigenen Wagen. Sogar die FDP hat einen eigenen Wagen. Die Grünen haben eine Gruppe mit Lastenrädern dabei. Angemeldet sind 10 Wagen und wir rechnen mit viel mehr Menschen als letztes Jahr, da waren es ca. 5000 Demonstrierende. Jetzt haben wir nicht mehr so viele Coronaauflagen wie letztes Jahr, also gehen wir davon aus, dass es mehr werden.

Es gibt traditionell eine große Abschlussparty, da freuen wir uns ganz besonders, dass die dieses Jahr im Herzen der Stadt stattfindet in der Insel der Jugend. Das ist sehr gut für alle Magdeburger*innen und Reisende, dass wir dort feiern können. Es ist eine Koop vom BOYS’n’BEATS und der Insel der Jugend. Bis in die frühen Morgenstunden kann dann dort gefeiert werden.


Dieses Jahr wird CSD auch vom Offenen Kanal Magdeburg ins Fernsehen und auf Youtube gestreamt. Dabei wird es für die Barrierefreiheit eine Gebärdendolmetscherin geben. Das war uns sehr wichtig.”

Warum ist der CSD für Magdeburg wichtig? Was sind die Ziele, die ihr damit erreichen wollt?
Martin & Falko: „Für Magdeburg finden wir es pfichtwürdigend, dass wir ein Zeichen setzen gegen Neonazis, Querdenker*innen, gegen alle Leute, die ein ausgrenzendes Leitbild haben. Wir versuchen ganz Sachsen-Anhalt aufzurütteln und wir wollen uns dazu stark machen. Magdeburg hat sich außerdem für die Europride 2025 beworben und bei der aktuellen Stadt- und Landtagsbesetzung müssen wir vor allem laut und deutlich auftreten, damit niemand mehr verschiedene Ideologien vertreten darf und Ausgrenzungen stattfinden.

Wir freuen uns, dass wir mit so vielen Partnern wie noch nie zusammenarbeiten, in ganz vielen Stellen der Stadt finden wir Regenbogenflaggen. Wir haben auch Partnerfirmen, die sich auch außerhalb des Pridemonats (Juni) Flagge zeigen und die sich klar sichtbar machen für die queere Community. Sogar am Unitower ist unsere 50m lange Flagge, auch der Katharinenturm wird in queeren Farben erleuchten. Wir sind nicht mehr nur eine Organisation, wir haben auch viel Unterstützung in der Stadt.

Das größte Ziel der Demo ist die Förderung, dass die Communityangehörigen und unsere Forderungen gehört werden. Wir wollen auch über Deutschland hinaus, dass Europa queerfreundlicher wird, besonders die östlicheren Länder. Unsere Forderungen schließen sich auch denen des CSDs Deutschland an und sind in unserer Queerstimme (unten) nachzulesen. Andererseits setzen wir uns natürlich vor allem für die Unterstützung unserer Community in Sachsen-Anhalt ein. Für Magdeburg ist besonders die institutionelle Förderung des CSDs wichtig. Der CSD bekommt 650€ von der Gleichstellungsstelle MD für das ganze Jahr. Alle anderen Fördergelder kommen aus Institutionen oder von privat Spender*innen. Aus Landes- und Stadtmitteln kommt wirklich nur ein Tropfen auf den heißen Stein.”

Der CSD Magdeburg ist ja Verein. Wie kann man bei euch mitmachen?
Martin & Falko: „Mitmachen kann eigentlich jeder, der Lust hat etwas zu verändern, der viel Kreativität hat. Wir haben Mitgliedsanträge zum Ausfüllen, womit man uns mit dem Monatsbeitrag fördert. Aktuell haben wir 200 feste Mitglieder und eine gute Mischung aus Leuten, die uns monetär und physisch unterstützen. Einmal im Monat gibt es unsere Veranstaltung Pimp Your Pride, wo wir unsere Projekte der nächsten Monate besprechen und planen. Man kann gerne vorbeikommen oder uns auch über Social Media anschreiben.”

An welche Menschen richtet sich der Tag und die Demo heute?
Martin & Falko: „Wir wollen vor allem alle Leute ansprechen, die nicht unbedingt zur Community zählen, aber uns unterstützen. Am wichtigsten ist es, dass Politiker und Politikerinnen hingucken und auch die Szene, die sich bisher nicht mit unseren Zielen und Werten auseinandergesetzt hat. Am Tag selbst können alle kommen, die weltoffen sind und Lust haben mit uns für unsere Ziele einzustehen und gerne auch zu feiern.”

Bilder

Quelle: CSD Magdeburg e.V.
Quelle: CSD Magdeburg e.V.
Quelle: CSD Magdeburg e.V.
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